Immer wenn ich zusammen mit Luana, meiner Tochter, mit unseren Fingern auf der Weltkarte in alle Himmelsrichtungen reise, haben wir ein schönes „Weltgefühl“. Wir erinnern uns an Menschen, die uns prägen, an die Orte, wo wir lebten, und nehmen unseren kleinen, blauen Planeten irgendwie als die eine, unsere Welt wahr. Das ist sie auch… nur halt unterteilt und aufgesplittert in verschiedene Welten: Orte, wo das Leben im Überfluss zelebriert wird, und Zonen des Nicht-Seins, wo Leben in Würde schlicht verunmöglicht wird. Und so verwandelt sich das „Weltgefühl“ sehr schnell in ein Träumen, was wir sein könnten, was wir aber in keiner Weise heute sind: eben eine Welt.

Und doch ist die Natur und unser Alltag voller Beispiele, die uns so klar zeigen, dass wir zusammengehören, dass wir Teil eines komplexen Gewebes sind, dass wir einander und eine gesunde Umwelt brauchen, dass Leben nur im Miteinander und in Gegenseitigkeit gedeihen und blühen kann. Das schönste Beispiel ist für mich die Luft. Wir atmen ein und aus. Der Körper genügt sich nicht alleine, er ist durchlässig, ein sich stets wiederholendes Ein und Aus, von Aussen nach Innen, von Innen nach Aussen, ein unsichtbarer Dialog, der Leben und Bewegung ermöglicht, eine vitale Verbindung von Körper und Welt.

Ich brauche Luft um zu atmen, aber die Luft gehört nicht mir. Ich atme aus in eine geteilte Welt und hole Luft, die vorher durch die Lungen unzähliger anderer Menschen zirkulierte. So zeigt der soziale Charakter der Luft unsere unauflösliche Verwobenheit allen Lebens. Wir sind keine autonomen, in sich abgegrenzte Lebenseinheiten oder isolierte Individuen, die weder andere noch die Umwelt brauchen um zu leben. Und wir können unser Zusammenleben auch nicht auf Familie oder auf eine scheinbare nationale Identität reduzieren. Wir sind weltweit verwoben, wir brauchen unser Haus, die Mutter Erde, und wir brauchen einander in unserer gegenseitigen Ergänzung und vielfarbigen Differenz. Mein Leben ist lebbar, wenn dein Leben lebbar ist, wenn das Netzwerk allen Lebens durch unsere weltweite Gemeinsamkeit und die dafür notwendigen sozialen Strukturen lebbar wird.

Alle Menschen sind gleich: sie haben dieselben Rechte, denselben Wert und dieselbe Würde. Dafür engagieren wir uns, dafür setzen wir uns ein. Und in der von Novo Movimento unterstützten Projektarbeit in Brasilien z.B. in den Favelas von São Paulo setzen wir genau diese Perspektive um. Das ist gelebte Solidarität, die Eure Spenden ermöglichen.

Solidarisch… Sind wir doch alle… Wer würde schon von sich sagen, unsolidarisch zu sein. Der Verweis auf Solidarität hat Inflation. Echte Solidarität aber ist eine permanente Herausforderung. Sie lebt nicht als Fassade, welche eine imperiale Lebensweise verbirgt. „Solidarisch ist, wer sagt und es auch meint: Du bist nicht alleine!“, schreibt der deutsche Philosoph Arnd Pollmann. Solidarität lebt durch Begegnung und in Beziehung: z.B. in der Projektarbeit von NOVO MOVIMENTO.

(tuto)