Das ‘Netzwerk Kinderrecht’ ist ein durch das Kinderrechtszentrum Interlagos in der Südzone von São Paulo, Brasilien, realisiertes Projekt. Es bietet über 800 Kindern und Jugendlichen einen sicheren und geschützten Ort, um ohne Gewalt und Ausbeutung Kind sein und wachsen zu können. Das Netzwerk verbindet über zwanzig Initiativen in den Favelas der Südzone von São Paulo. Innerhalb der verschiedenen Gruppen und Initiativen wird schulbegleitend Theater gespielt, Musik gemacht, Fussball geübt. Die Kinder und Jugendlichen lernen Akrobatik mit Bällen und balancieren auf dem Seil, sie malen gemeinsame Darstellungen ihrer Wirklichkeit und beleben die grauen Wände der Favelas durch farbenfrohe Bilder über Menschenrechte und Naturschutz. Sie tanzen Capoeira mit beeindruckender Eleganz und trommeln ihre Lebensfreude in ergreifende Rhythmen.
Aber zuallererst sind die vernetzten, kleinen Gemeinschaftsprojekte ganz einfach geschützte Orte, wo Kinder und Jugendliche Ohren finden, die ihre alltäglichen Erfahrungen mit der allgegenwärtigen Gewalt ernst nehmen: die martiale Brutalität der Drogenhändler, die rücksichtslose Repression der Militärpolizei, die immer auch selber mit den Drogenbanden gemeinsame Geschäfte macht, um durch Angst und Terror absolutes Stillschweigen der Menschen zu erpressen. Aber auch sehr oft erzählen die Kinder von der Gewalt in ihren Familien. Gewalt, die sich oft gegen Mutter und Kinder richtet, durch Alkohol verstärkt wird und immer wieder in sexuellen Missbrauch und Ausbeutung ausartet. Im Projekt ist psychosoziale Begleitung durch Sozialarbeiter und Psychologen gesichert. Sie sichern professionelle Begleitung und fördern gleichzeitig die entscheidende Erfahrung des Vertrauens in die Gemeinschaft der Kinder und Jugendlichen.
Ebenso ist das Projekt ein Schutzschild, das Risiko der Kinderarbeit zu verhindern und die Kinder und Jugendlichen in der Schule zu halten. Dabei geht es nicht nur um die Sicherung eines Schulplatzes, sondern auch um den gemeinsamen Einsatz für die Verbesserung der Schulbildung. Denn Kinder ohne Zukunft führen Krieg mit ihrer Gegenwart. Genau diesen Teufelskreis der Gewalt will das Projekt durchbrechen und das mit grossem Erfolg. Durch Spiel, Tanz und Sport stärken die Kinder und Jugendlichen ihr Selbstwertgefühl, nehmen sich nicht nur als Opfer der systematischen Ausbeutung und Unterdrückung wahr, sondern entdecken die Kraft der Gemeinsamkeit. Sie erleben sich selber als Menschen, die gemeinsam Prozesse der Veränderung verwirklichen können. Sie setzen nicht auf die grossen Würfe alles auf den Kopf stellender Veränderungen, sondern versuchen in kleinen Schritten die Beziehungen in den Familien zu verbessern, was sich auch auf die ganze Gesellschaft auswirken kann.
Dank der langjährigen Unterstützung des Projektes durch Novo Movimento konnte das Projekt bedeutend ausgebaut werden und gleichzeitig konnte die Abhängigkeit vom Sozialamt der Stadt begrenzt werden. So wird zwar ein Grossteil der Initiativen durch die Gemeinde São Paulo unterstützt; die gleichzeitige Finanzierung durch andere Quellen ermöglicht dem Kinderrechtszentrum aber immer auch Freiraum für sozialkritische Aktivitäten und verhindert, in den Bann politischer Interessen zu geraten. Das immer klare Ziel des Kinderrechtszentrums ist es, die lokalen Regierungsstellen auf ihre Verantwortung aufmerksam zu machen und auf ihre Verpflichtung zu pochen, die Kinderrechte auch in ihren Budgets zu priorisieren.
Jede Initiative in den Favelas und Wohnvierteln des Projektes Netzwerk Kinderrecht hat ihren eigenen Rhythmus und ebenfalls ihr Eigenleben. Das Kinderrechtszentrum sichert allen Initiativen psychosoziale Begleitung der Kinder und Jugendlichen und organisiert gemeinsame Treffen und Seminare, Aktionen und Events. Das Funktionieren des Projektes als Netzwerk fördert so nicht nur die Eigeninitiative in den verschiedenen Favelas, sondern ermöglicht gleichzeitig die gemeinsame Kraft, um bei den lokalen Regierungsstellen die Verbesserung der Sozialpolitik einzufordern. Gleichzeitig ist es ein sehr gutes Mittel, einen breiten Multiplikationseffekt zu erreichen. Das heisst, dass im Projekt nicht nur die alltäglich beteiligten 800 Kinder und Jugendlichen erreicht werden, sondern dass dessen Wirkung viel weiter reicht.
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